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Kommentar

31.08.2024 - Einkommenspolitik ist unabdingbar

Heiner Flassbeck:

In seinem neuen Buch „Grundlagen einer relevanten Ökonomik“ stellt Heiner Flassbeck die Ökonomik vom Kopf auf die Füße. Er zeigt theoretisch und empirisch, warum die neoklassische Theorie bei der Erklärung der multiplen Krisen versagt und warum die neoliberale Wirtschaftspolitik in Ost und West, Nord und Süd nicht weiter-hilft. Seine Datenauswertung und die Darstellung bislang nicht gezeigter jahrzehnte-langer Datenreihen schaffen eine neue Grundlage für die Wirtschaftspolitik, für Deutschland, für Europa und für die Welt. Flassbeck liefert mit seinem Buch eine gänzlich neue Sicht auf die Weltwirtschaft und schafft somit für die Wirtschaftspolitik endlich eine adäquate Grundlage – etwa für die Einkommenspolitik.

Lohnpolitik, manchmal auch Einkommenspolitik genannt, spielt eine entscheidende Rolle einerseits bei der Stabilisierung des Geldwertes, andererseits bei der Aufrechterhaltung der Nachfragedynamik einer Volkswirtschaft. Nur Arbeiter, die genau das verdienen, was sie wertmäßig produzieren, halten die Wirtschaft am Laufen, sind also im ureigensten Interesse der Arbeitgeber.

Weil der Lohn keinen Markt ausgleichen kann, gehört er in die Hände von Akteuren, die genau das wissen. Sind die Tarifpartner aufgeklärt, spricht nichts dagegen, ihnen die Lohnfindung zu überlassen. Gibt es aber in einem solchen Gremium rein mikroökonomische Ansätze von einer der beiden Seiten, muss der Staat einschreiten.

Nicht anders als der Zins ist der Lohnzuwachs ein Instrument zur Stabilisierung von Entwicklung. Ihm kommt aber die zusätzliche Bedeutung zu, dass nur über Lohnzuwächse, die der goldenen Lohnregel folgen, Geldwertstabilität gesichert werden kann. Analytisch entscheidend, jedoch vollständig unverstanden ist die Verbindung zwischen der Entwicklung der Produktivität und den Reallöhnen. Die ist durch die enge Korrelation von Lohnstückkosten und Inflationsraten zwar absolut zwingend, wird aber durchweg ignoriert. Auf diese Weise entledigt sich ein Fach, das gerne eine Wissenschaft sein möchte, jeder Möglichkeit, zu einem logisch zwingenden und empirisch gesicherten Verständnis des Systems Marktwirtschaft und zu geeigneten wirtschaftspolitischen Empfehlungen vorzudringen.

Wie schwer es für neoklassische Ökonomen offenbar ist, im gesamtwirtschaftlichen Zusammen-hang und zugleich logisch zu denken, zeigen in einem Grundsatzpapier zur Finanz- und Wirtschaftspolitik Christian Lindner und Lars Feld. Sie stellen fest: „Insbesondere Maßnahmen, welche die Arbeitsproduktivität erhöhen und den Lohn- und Preisauftrieb senken, tragen dazu bei, das Risiko einer Lohn-Preis-Spirale und einer Entankerung der Inflationserwartungen zu reduzieren.“

Auch in der EZB gibt es erhebliche Missverständnisse, was die Bedeutung der Löhne für die wirtschaftliche Entwicklung, die Produktivität und die Preise angeht. Isabel Schnabel, Mitglied im Direktorium der EZB, vermutet gar, bei höherer Produktivität sei es leichter, das Inflationsziel zu erreichen: “Measures that help firms boost productivity growth directly support monetary policy in achieving its objective of securing price stability over the medium term.

Einem ähnlichen Irrtum unterliegt die Europäische Kommission in einem anderen Zusammen-hang. Sie schreibt in einem Papier über die Lage in Frankreich: „Das Wachstum der Arbeitsproduktivität bleibt jedoch sowohl unter den langfristigen Trends als auch unter dem Durchschnitt des Eurogebiets, was eine schnellere Erholung der Kostenwettbewerbsfähigkeit verhindert.“

All diese Positionen sind unhaltbar, weil sie unterstellen, die Lohnabschlüsse kämen unabhängig von der zu erwartenden gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsentwicklung zustande. In den Tarifverhandlungen der großen Branchen orientiert man sich aber genau daran. Steigt die Produktivität weniger stark, werden weniger stark steigende Tariflöhne vereinbart. Das gilt auch umgekehrt: Steigt die Produktivität stärker, werden stärker steigende Tariflöhne vereinbart.

Man verwechselt die mikroökonomische Sicht mit der makroökonomischen: Ist ein einzelnes Unternehmen überdurchschnittlich innovativ und hat daher eine vergleichsweise höhere Produktivitätssteigerung als die Konkurrenz, kann es sich durch Senkung seiner Angebotspreise Marktanteile verschaffen. Denn es muss seinen Produktivitätsvorteil keineswegs vollständig an die Entlohnung seiner Arbeitskräfte weiterreichen. Das Unternehmen zahlt nämlich nur die Tariflohnentwicklung, die sich eben am Durchschnitt der Wirtschaft oder zumindest seiner Branche orientiert.

Für die Wirtschaft insgesamt funktioniert das aber nicht, weil die Summe der Marktanteile gleich-bleibt, egal wie die Anteile auf die verschiedenen Marktteilnehmer auf der Angebotsseite verteilt sind. Versuchen die Arbeitgeber nichtsdestotrotz, die durchschnittliche Produktivitätsentwicklung (plus die Zielrate der Zentralbank) nicht vollständig in der durchschnittlichen Lohnentwicklung weiterzugeben und sie stattdessen für Preissenkungen bzw. Preismindersteigerungen zu nutzen, kommt ein deflationärer Prozess in Gang. Der aber bremst die gesamte Produktivitätsentwicklung, weil die Gesamtnachfrage hinter den Kapazitäten hinterherhinkt und potenzielle Sachinvestoren im Schnitt weniger Anreize zum Investieren haben. Genau das war das Problem der 2010er-Jahre in der EWU. Dass die Gesamtentwicklung einzelner Länder wie die Deutschlands oder der Niederlande eine Weile von den Deflationsfolgen verschont geblieben ist, weil sie ihren Mangel an Binnennachfrage durch Außenhandelsüberschüsse überdeckt, widerlegt diese Analyse keineswegs, sondern bestätigt sie vielmehr.

Es ist offensichtlich, dass eine solche Rollenverteilung der Wirtschaftspolitik unter Einschluss der Lohnpolitik am ehesten Erfolg hat, wenn man sich von vorneherein auf die Position einigt, dass jede Erhöhung der Produktivität letztlich den Reallöhnen via steigende Nominallöhne zugute-kommen sollte. Damit vermeidet man Friktionen bei der Anpassung der Preise mit den verbundenen Nachfrage- und Arbeitsmarktproblemen und erreicht das Inflationsziel auf längere Sicht mit großer Sicherheit.

Allerdings gibt es auch auf der Seite der Gewerkschaften große Illusionen. Um ihre Rolle angemessen zu spielen, müssen sie sich darüber im Klaren sein, was sie politisch durchzusetzen in der Lage sind und was nicht. Die Gewerkschaften könnten beispielsweise versuchen, mit einem Abschluss weit über der goldenen Lohnregel Umverteilung zu ihren Gunsten zu erwirken. Dann aber könnten die Arbeitgeber, das zeigt die Evidenz von Lohnstückkosten und Inflationsrate, die steigenden Lohnkosten sofort voll an die Kunden weitergeben. Die Folge wäre eine Inflationsrate weit über dem Inflationsziel der Notenbank. Das würde diese mit Zinserhöhungen beantworten, und zwar so lange, bis eine Rezession und steigende Arbeitslosigkeit unvermeidlich ist.

Wer erfolgreich Lohnpolitik betreiben will, braucht eine klare Strategie, gegründet auf Fakten und gesicherten Zusammenhängen. Dem Zusammenhang von Lohnstückkosten und Preisen, der offensichtlich nahezu global gilt, können die Gewerkschaften kaum ausweichen. Sie haben keine Möglichkeit, um die rasche Überwälzung von Lohnsteigerungen (und/oder die restriktive Reaktion-on der Notenbank) zu verhindern. Noch weniger Möglichkeit haben sie, das Verhalten der Notenbank zu beeinflussen. Deswegen nützt es nichts, den eigenen Mitgliedern einzureden, man sei in der Lage, die Reallöhne zu erhöhen (oder im Fall von negativen exogenen Schocks zu halten), ohne jeden Folgeeffekt von der einen oder der anderen Seite befürchten zu müssen. Man sollte in der internen Kommunikation ehrlich sein und sagen, dass die goldene Lohnregel das Ergebnis ist, das man auf kurze und auf mittlere Frist unbedingt erreichen will und auch kann.

Autoren von "Einkommenspolitik ist unabdingbar"

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Heiner Flassbeck

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