18.03.2024 - Die geistige Mobilmachung und die Selbstgleichschaltung von Intellektuellen
Rainer Mausfeld:
"
Vom Frieden zum Krieg
führt immer derselbe Schritt, der massenmediale Gleichschritt. Der militärischen
Mobilmachung geht stets eine geistige voraus, ein gezielter Angriff auf das
öffentliche Bewusstsein. Mit den Waffen der Massenmedien, mit der Erzeugung von
Angst und Hass, lässt sich eine weit überwiegend friedensorientierte Bevölkerung
in kürzester Zeit in eine kriegstrunkene Masse verwandeln. Ein ebenso altes wie
bewährtes Mittel. Und stets Indikator einer neuen Vorkriegszeit. Ein Kommentar
von Rainer Mausfeld.
Bereits 1927 stellte der Propagandawissenschaftler Harold
Lasswell klar: »Die psychologischen Widerstände gegen Krieg sind in modernen
Nationen so groß, dass jeder Krieg als ein Verteidigungskrieg gegen einen
bedrohlichen mörderischen Aggressor erscheinen muss. Es darf keine Zweifel
darüber geben, wen die Öffentlichkeit zu hassen hat.« Auch heute wieder lassen
die Massenmedien, die sich vollends in den Dienst hegemonialer US-Interessen
gestellt haben, keinen Zweifel, wen es zu hassen gelte, wer die wesenhaft
›Guten‹ seien und wer die wesenhaft ›Bösen‹, die zur Sicherung des Friedens
ruiniert, zerstört, vernichtet werden müssten. Ein Blick in eine beliebige große
Tageszeitung liefert reiches aktuelles Illustrationsmaterial. Wieder einmal wird
jede ernsthafte politische Debatte vom medialen Getöse der Kriegstrommler
erstickt, wieder einmal folgt eine Mehrheit zu ihrem eigenen Schaden
bereitwillig denen, die alleinige Nutznießer des Kriegsgeschäfts sind.
Denn Krieg ist ein Bombengeschäft, wohl das größte aller
Geschäfte überhaupt. Die USA sind in den fast 250 Jahren ihrer Existenz in mehr
als 90 Prozent dieser Zeit im Krieg gewesen. Lediglich in 21 Jahren dieser Zeit
haben sie keinen Krieg geführt. Sie haben damit ein Anrecht auf den Titel
erworben, die größte Bedrohung für den Frieden in der Welt zu sein. Sie haben
die größte Kriegsmaschinerie geschaffen, die es je in der Geschichte gegeben
hat. Diese permanent laufende US-Kriegsmaschinerie mit ihren
über 800 US-Basen in aller Welt ist Grundlage ihres Wohlstands und
sichert die ökonomische Macht ihrer Großkonzerne und die
Interessen des globalen
Kapitals. Im Rahmen ihres vorgeblichen »Kampfes gegen den Terror«
haben die USA seit 2001 eine gigantische Umverteilung von der öffentlichen in
die private Hand durchgeführt, bei der tausende Milliarden Dollar an
Steuergeldern in ihre Kriegs- und Sicherheitsindustrie geflossen sind. Sie haben
mit der NATO das heute aggressivste Militärbündnis der Welt geschaffen, eine
Militärmaschinerie, die sich selbst, in orwellscher Verdrehung, als
»erfolgreichste Friedensbewegung, die die Welt je gesehen hat« bezeichnet. Unter
dem Deckmantel eines »Kampfes gegen Desinformation«
streben die NATO
und, als ihr ziviler Arm, die EU danach, auch das aggressivste Bündnis zur
Narrativkontrolle und zur politischen Desinformation der Öffentlichkeit zu
werden.
Eine monströse Kriegsmaschine durchwuchert alle unsere
Gesellschaften so durchgreifend, dass - so die große Verfassungstheoretikerin
Ingeborg Maus - »gegenwärtige Gesellschaften in aller Welt nur noch Anhängsel
ihrer militärisch-industriellen Komplexe« sind. Dieser Kriegsmoloch ist auf
regelmäßige geistige Mobilmachungen angewiesen. Dazu benötigt er eine breite
Schicht von Experten aus allen akademischen Disziplinen, die als staatliche
Realitätsverwalter bestimmen, was als Realität zu gelten habe, was Wahrheit und
was Lüge und was vernünftig und was irrational sei. Und wann ein
Wunsch nach Frieden als
verachtenswert anzusehen sei. Sie nennen sich ›Intellektuelle‹, sind aber
nur Leute, die für Status und Geld die ›richtigen‹ Worte sagen, sie sind die
»Vermieter des Intellektes« (Bertold Brecht). In Zeiten wie heute, in denen der
Kriegsmoloch die Kriegsglut wieder in den Köpfen zu entfachen sucht, wächst auch
sein Bedarf an willfährigen ›Intellektuellen‹, die sich aus ideologischer
Überzeugung oder aus vorauseilendem Opportunismus den Bedürfnissen der Händler
des Todes andienen. An ihnen herrscht niemals Mangel, denn gerade diejenigen,
die
am längsten die Bildungsinstanzen durchlaufen haben, sind am tiefsten von der
herrschenden Ideologie durchdrungen und somit geneigt, für jedes Feindbild und
für jeden Krieg die gewünschten Rechtfertigungen zu liefern.
Es ist notwendig und gut,
für den Frieden zu sein. Doch es reicht nicht. Das Geschäftsmodell des Krieges
muss an seinen Wurzeln aktiv bekämpft und sein Fundament, der
militärisch-ökonomisch-parlamentarische Komplex, beseitigt werden. Zugleich
müssen alle medialen Waffen einer geistigen Mobilmachung entschärft werden,
damit nicht weite Teile Bevölkerung wie auf Knopfdruck in den kollektiven
Wahnsinn einer Kriegsbegeisterung getrieben werden können. Eine gewaltige
Herausforderung, die sich nur durch kraftvollen Druck der gesellschaftlichen
Basis bewältigen lässt. Mehr denn je brauchen wir die Ostermärsche, um die dafür
notwendige Veränderungsenergie und Veränderungsbereitschaft zu mobilisieren."
Autoren von "Die geistige Mobilmachung und die Selbstgleichschaltung von Intellektuellen"
18.03.2024 - Die geistige Mobilmachung und die Selbstgleichschaltung von Intellektuellen
"
Vom Frieden zum Krieg führt immer derselbe Schritt, der massenmediale Gleichschritt. Der militärischen Mobilmachung geht stets eine geistige voraus, ein gezielter Angriff auf das öffentliche Bewusstsein. Mit den Waffen der Massenmedien, mit der Erzeugung von Angst und Hass, lässt sich eine weit überwiegend friedensorientierte Bevölkerung in kürzester Zeit in eine kriegstrunkene Masse verwandeln. Ein ebenso altes wie bewährtes Mittel. Und stets Indikator einer neuen Vorkriegszeit. Ein Kommentar von Rainer Mausfeld.
Bereits 1927 stellte der Propagandawissenschaftler Harold Lasswell klar: »Die psychologischen Widerstände gegen Krieg sind in modernen Nationen so groß, dass jeder Krieg als ein Verteidigungskrieg gegen einen bedrohlichen mörderischen Aggressor erscheinen muss. Es darf keine Zweifel darüber geben, wen die Öffentlichkeit zu hassen hat.« Auch heute wieder lassen die Massenmedien, die sich vollends in den Dienst hegemonialer US-Interessen gestellt haben, keinen Zweifel, wen es zu hassen gelte, wer die wesenhaft ›Guten‹ seien und wer die wesenhaft ›Bösen‹, die zur Sicherung des Friedens ruiniert, zerstört, vernichtet werden müssten. Ein Blick in eine beliebige große Tageszeitung liefert reiches aktuelles Illustrationsmaterial. Wieder einmal wird jede ernsthafte politische Debatte vom medialen Getöse der Kriegstrommler erstickt, wieder einmal folgt eine Mehrheit zu ihrem eigenen Schaden bereitwillig denen, die alleinige Nutznießer des Kriegsgeschäfts sind.
Denn Krieg ist ein Bombengeschäft, wohl das größte aller Geschäfte überhaupt. Die USA sind in den fast 250 Jahren ihrer Existenz in mehr als 90 Prozent dieser Zeit im Krieg gewesen. Lediglich in 21 Jahren dieser Zeit haben sie keinen Krieg geführt. Sie haben damit ein Anrecht auf den Titel erworben, die größte Bedrohung für den Frieden in der Welt zu sein. Sie haben die größte Kriegsmaschinerie geschaffen, die es je in der Geschichte gegeben hat. Diese permanent laufende US-Kriegsmaschinerie mit ihren über 800 US-Basen in aller Welt ist Grundlage ihres Wohlstands und sichert die ökonomische Macht ihrer Großkonzerne und die Interessen des globalen Kapitals. Im Rahmen ihres vorgeblichen »Kampfes gegen den Terror« haben die USA seit 2001 eine gigantische Umverteilung von der öffentlichen in die private Hand durchgeführt, bei der tausende Milliarden Dollar an Steuergeldern in ihre Kriegs- und Sicherheitsindustrie geflossen sind. Sie haben mit der NATO das heute aggressivste Militärbündnis der Welt geschaffen, eine Militärmaschinerie, die sich selbst, in orwellscher Verdrehung, als »erfolgreichste Friedensbewegung, die die Welt je gesehen hat« bezeichnet. Unter dem Deckmantel eines »Kampfes gegen Desinformation« streben die NATO und, als ihr ziviler Arm, die EU danach, auch das aggressivste Bündnis zur Narrativkontrolle und zur politischen Desinformation der Öffentlichkeit zu werden.
Eine monströse Kriegsmaschine durchwuchert alle unsere Gesellschaften so durchgreifend, dass - so die große Verfassungstheoretikerin Ingeborg Maus - »gegenwärtige Gesellschaften in aller Welt nur noch Anhängsel ihrer militärisch-industriellen Komplexe« sind. Dieser Kriegsmoloch ist auf regelmäßige geistige Mobilmachungen angewiesen. Dazu benötigt er eine breite Schicht von Experten aus allen akademischen Disziplinen, die als staatliche Realitätsverwalter bestimmen, was als Realität zu gelten habe, was Wahrheit und was Lüge und was vernünftig und was irrational sei. Und wann ein Wunsch nach Frieden als verachtenswert anzusehen sei. Sie nennen sich ›Intellektuelle‹, sind aber nur Leute, die für Status und Geld die ›richtigen‹ Worte sagen, sie sind die »Vermieter des Intellektes« (Bertold Brecht). In Zeiten wie heute, in denen der Kriegsmoloch die Kriegsglut wieder in den Köpfen zu entfachen sucht, wächst auch sein Bedarf an willfährigen ›Intellektuellen‹, die sich aus ideologischer Überzeugung oder aus vorauseilendem Opportunismus den Bedürfnissen der Händler des Todes andienen. An ihnen herrscht niemals Mangel, denn gerade diejenigen, die am längsten die Bildungsinstanzen durchlaufen haben, sind am tiefsten von der herrschenden Ideologie durchdrungen und somit geneigt, für jedes Feindbild und für jeden Krieg die gewünschten Rechtfertigungen zu liefern.
Es ist notwendig und gut, für den Frieden zu sein. Doch es reicht nicht. Das Geschäftsmodell des Krieges muss an seinen Wurzeln aktiv bekämpft und sein Fundament, der militärisch-ökonomisch-parlamentarische Komplex, beseitigt werden. Zugleich müssen alle medialen Waffen einer geistigen Mobilmachung entschärft werden, damit nicht weite Teile Bevölkerung wie auf Knopfdruck in den kollektiven Wahnsinn einer Kriegsbegeisterung getrieben werden können. Eine gewaltige Herausforderung, die sich nur durch kraftvollen Druck der gesellschaftlichen Basis bewältigen lässt. Mehr denn je brauchen wir die Ostermärsche, um die dafür notwendige Veränderungsenergie und Veränderungsbereitschaft zu mobilisieren."Autoren von "Die geistige Mobilmachung und die Selbstgleichschaltung von Intellektuellen"
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