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  1. Kommentar
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Kommentar

22.06.2025 - Die Stärkung der politischen Ränder

Wolfgang Kubicki:

Wolfgang Kubicki packt in seinem neuen Buch „Aufwind im freien Fall“ die drängendsten politischen Themen unserer Zeit bei der Wurzel. Migration, das Erstarken der politischen Ränder, Identitätspolitik, Einschränkungen der Meinungsfreiheit und die Corona-Politik, die das Vertrauen in die Demokratie ausgehöhlt hat – Kubicki zeigt schonungslos auf, welche politischen Entscheidungen zum Verlust des Freiheitsgefühls geführt haben. Sein neues Buch ist ein Aufruf zur Rückkehr zu echten demokratischen Werten und zum Kampf für die Freiheit – auch wenn dieser mit unbequemen Debatten verbunden ist. Ein Auszug.

»Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Parteien« – so beginnen viele Bundestagsabgeordnete ihre Reden im Plenum. Allein aus dieser Formel kann man die Hilflosigkeit großer Teile der bundesdeutschen Politik im Umgang mit den Rändern herauslesen. Denn sie soll implizieren, dass die Abgeordneten der AfD eigentlich keine demokratische Legitimation aufweisen oder ihre Partei als solche nicht demokratisch organisiert ist. Beides entspricht aber nicht der Wahrheit. Zugleich soll diese Hervorhebung »Wir sind die richtigen Demokraten« zeigen, dass »unser« Tun zumindest moralisch höher steht als das Tun der anderen. Aber auch das ist ordentlich unterkomplex.
Schauen wir zunächst einmal, was das Bundesverfassungsgericht als maßgeblicher Interpretator des höchsten deutschen Gesetzes in dieser Angelegenheit zu sagen hat. Im berühmten NPD-Urteil von 2017 finden wir folgenden wichtigen Passus, den ich immer wieder gerne zitiere: »Das Grundgesetz geht davon aus, dass nur die ständige geistige Auseinandersetzung zwischen den einander begegnenden sozialen Kräften und Interessen, den politischen Ideen und damit auch den sie vertretenden Parteien der richtige Weg zur Bildung des Staatswillens ist. Es vertraut auf die Kraft dieser Auseinandersetzung als wirksamste Waffe auch gegen die Verbreitung totalitärer und menschenverachtender Ideologien.«
Wir lesen also nicht: »Wer sich auf einen moralischen Hoch-sitz stellt, darf sich als Inkarnation des Staatswillens gerieren und andere ausgrenzen«, sondern vielmehr: »Entwickelt bessere Argumente, geht damit in den demokratischen Infight und streitet gerne hart, aber vor allem fair und friedlich. Das Gute ist dabei, der Staatswillen bildet sich im Prozess von ganz allein und auch die Extremisten werden automatisch unbedeutender.« Das eine beschreibt Hochmut, das andere Demut.
Tatsächlich hat keine Partei der Mitte in den vergangenen Jahren nach dieser demütigen Maxime gelebt. Manche Themen wurden einfach nicht mehr angesprochen und dadurch ganze Politikfelder kampflos der AfD übergeben – insbesondere im Bereich der Migrationspolitik. Es ging sogar so weit, dass gewisse Medien das Zeigen der deutschen Flagge als nationalistisch, rückständig und rechts darstellten und somit Schwarz-Rot-Gold, die Farben unserer Republik, zum Symbol der AfD machten. Nach der »Unteilbar«-Demo 2018, bei der Palästina-Flaggen erlaubt, aber Deutschland-Flaggen verboten waren, nach der Forderung der Grünen Jugend, zur Unterstützung der Nationalmannschaft doch lieber DFB-Fahnen zu schwenken, erklärte auch der ehemalige Verfassungsrichter Udo di Fabio 2019 in der Neuen Zürcher Zeitung: »Nur Klein-gartenvereine und AfD-Sympathisanten hissen noch Schwarz-Rot-Gold. Elite und Mitte der Gesellschaft tragen Blau mit goldenen Sternen.«
Doch woher kommt diese moralische Verkniffenheit in Bezug auf die deutsche Nation? Warum meinen auch intelligente und reflektierte Persönlichkeiten wie Udo di Fabio, es gäbe hier einen entsprechenden Gegensatz, der lautet: Schwarz-Rot-Gold ist rückständig und AfD-nah, Blau-Gold ist fortschrittlich und gut?
Ich will nicht missverstanden werden: Ich liebe den Gedanken eines freien und einigen Europas und könnte mir eine Verfassung der »Vereinigten Staaten von Europa« durchaus vorstellen. Ich sehe aber auch, dass die konkrete Ausgestaltung der EU mit ihrem Bürokratismus und der Regelungswut ziemlich unattraktiv wirkt. Fortschrittlich ist dieses Europa der Datenschutzgrundverordnung, des Digital Services Act und der Lieferkettenrichtlinie leider oftmals nicht. Ich würde es mir anders wünschen.
Abgesehen davon waren die größten deutschen Kanzler bei-des: große Patrioten und große Europäer. Konrad Adenauer liebte ohne Frage sein Land, unternahm aber gleichzeitig mit der Montanunion, mit der Unterstützung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft und mit der deutsch-französischen Aussöhnung über seine gesamte Kanzlerschaft hinweg riesige Schritte für ein vereintes Europa. Willy Brandt trug mit dem berühmten Kniefall von Warschau nicht nur massiv zur Verständigung zwischen Ost und West bei, sondern übernahm damit als deutscher Kanzler auch Verantwortung für die Verbrechen seiner Landsleute – selbst derjenigen, die ihn zuvor persönlich bitter bekämpft hatten. Und Helmut Kohls Verdienste sowohl für die deutsche als auch die europäische Einigung kann man ohnehin nicht hoch genug halten.
Ferner war die Einschätzung di Fabios zu den Symbolen der deutschen Nation damals auch schon nicht richtig: Die Deutschen standen 2019 zu ihrer Flagge und sahen in Schwarz-Rot-Gold zu 85 Prozent etwas Positives; nur 6 Prozent der Befragten verbanden sie mit Negativem. Auch noch im Jahr 2024 ergab eine YouGov-Umfrage, dass 70 Prozent der Deutschen die Aussage bejahten, die deutsche Flagge stehe für Demokratie und Menschenrechte. Nur 16 Prozent stimmen ihr (eher) nicht zu. »Die Elite«, die Udo di Fabio nannte, irrt offenkundig bei dem Gedanken, die eigene Sichtweise sei deckungsgleich mit der Mitte der Gesellschaft. Und das ist ein Problem.
Bund und Länder haben in den vergangenen Jahrzehnten viel Geld in den Kampf gegen rechts gesteckt. Schätzungsweise Milliardensummen sind in die »zivilgesellschaftliche Infrastruktur« geflossen, wie es im Wohlfühlsprech heißt. Das Ergebnis dieses finanziellen Kraftaktes: Die AfD, die man in dieser »Zivilgesellschaft« oftmals als Wiedergängerin der NSDAP ansieht, wird immer stärker und kommt in Teilen des Landes auf 30, 40, in manchen Kommunen sogar auf über 50 Prozent.
In der Zivilgesellschaft ist man einerseits verzweifelt: Die Wählerinnen und Wähler lassen sich durch unsere steuerfinanzierten Aktionen einfach nicht zur Räson bringen. Andererseits kennt man offenbar die Lösung des Problems: mehr Geld für die Zivilgesellschaft, für »unsere« Demokratie. »Unsere Demokratie«, so sprach Familienministerin Lisa Paus dann auch bei der Verlängerung des millionenschweren Programms »Demokratie leben!« im Januar 2025 folgerichtig, »steht unter Druck, und es ist unser aller Pflicht, darauf zu reagieren.«
Doch sollte uns nicht nur die häufig wirkungslose Aufblähung eines steuerfinanzierten Apparates von selbst- und fremder-nannten »Nichtregierungsorganisationen« (NGOs) Sorge bereiten, sondern auch die hiermit einhergehende rücksichtslose Diskursverschiebung. Wenn auf einer Demo gegen »Hass und Hetze« skandiert wird: »Ganz Essen hasst die AfD«, dann ist das erstmal nur eine intellektuelle Spreizung, die von Vernunft, Reflektiertheit und Klugheit doch recht weit entfernt ist. Wenn jedoch steuerfinanzierte NGOs an Demonstrationen gegen die politische Opposition im Lande beteiligt sind, wenn man nicht mehr zwischen »rechts« und »rechtsextremistisch« unter-scheidet, dann wird es gefährlich für das gesamte Gemeinwesen.
Wie fiele denn die Reaktion der vermeintlich Aufrechten dieses Landes aus, würde ruchbar werden, dass Viktor Orbán zur Unterstützung seiner Macht und zur Stabilisierung »seiner« Demokratie die Opposition mit staatlichen Mitteln unter Druck setzt? Oder ist der staatsfinanzierte zivilgesellschaftliche Einsatz gegen bestimmte politische Richtungen möglicherweise nicht grundsätzlich falsch, sondern nur, wenn dieser nicht dem vermeintlich richtigen Zwecke dient – nämlich dem eigenen? Dann könnte man auch die Auffassung vertreten, Angriffe auf Vertreter der AfD seien rechtlich anders zu stellen als Angriffe auf Vertreter anderer Parteien. In einer Zeit, in der es eher karrierefördernd ist, Mitgliedern dieser politischen Gruppe das »Menschsein« abzusprechen, verlassen wir das sichere Geländer unserer Rechtsordnung und geraten menschlich-moralisch auf eine schiefe Bahn. Ich denke, dass der enorme staatliche Mitteleinsatz »gegen rechts« eher die gesellschaftliche Spaltung befördert, als dass er dem Zusammen-halt gedient hat.


Denn was bei diesen Organisationen häufig auf der Strecke bleibt, ist das Argument. Empörung, Hysterie und Lautstärke ersetzen allzu oft die sachgerechte und gründliche Auseinandersetzung mit bestimmten Themen. Beim Entwurf des Zustrombegrenzungsgesetzes von CDU und CSU zum Beispiel, der am 31. Januar 2025 im Deutschen Bundestag behandelt wurde, ging es im Konkreten um Forderungen, die im Oktober 2024 auch von grünen und roten Ministerpräsidenten aufgestellt worden waren. Als Winfried Kretschmann, Manuela Schwesig oder Anke Rehlinger entsprechende Positionen markierten – die Beschränkung des Familiennachzuges oder die Ausweitung der Kompetenzen der Bundespolizei –, blieb der öffentliche Auf-schrei merkwürdigerweise aus.
Als die Union jedoch dasselbe politische Angebot machte, war das anders. Dann war Deutschland auf bestem Wege in den Faschismus. Man wollte, dass im Januar, wenige Wochen vor der Bundestagswahl, im öffentlichen Bild der Eindruck hängenbleibt: CDU und CSU machen mit der AfD gemeinsame Sache. Worum es bei dem Gesetzesvorhaben inhaltlich ging, spielte keine Rolle. Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Rolf Mützenich, sprach im Plenum des Bundestages gar von einem »Tor zur Hölle«, das die Union geöffnet habe. Nicht, weil die Bestandteile des Gesetzesvorhabens für Sozialdemokraten nicht zustimmungsfähig gewesen wären. Sondern, weil es da-rum ging, die Union in die stinkende Umgebung von »Nazis« zu schieben.
Erinnern wir uns: »Das Grundgesetz geht davon aus, dass nur die ständige geistige Auseinandersetzung zwischen den einander begegnenden sozialen Kräften und Interessen, den politischen Ideen und damit auch den sie vertretenden Parteien der richtige Weg zur Bildung des Staatswillens ist. Es vertraut auf die Kraft dieser Auseinandersetzung als wirksamste Waffe auch gegen die Verbreitung totalitärer und menschenverachtender Ideologien.«
Das bleibt ein wichtiger, ein hehrer Grundsatz. Doch was passiert, wenn es den einander begegnenden sozialen Kräften und den handelnden Parteien gar nicht mehr um politische Ideen geht, sondern nur noch um die Sicherung der eigenen Macht? Welche Folgen hat dies für die Bildung des Staatswillens? Wer schützt da die Demokratie? Und wer versündigt sich an ihr?

Autoren von "Die Stärkung der politischen Ränder"

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Wolfgang Kubicki

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