Zunehmende Wetterextreme verschärfen die Diskussion
um den Klimawandel. Politiker beschwören Schreckensszenarien und fordern
radikale und teilweise unerfüllbare Maßnahmen. Aber es gibt einen Weg jenseits
davon, zeigt der Physiker Gerd Ganteför in seinem neuen Buch „Plan B für das
Klima“. Dass die Ursache für die globale Erwärmung das Kohlendioxid aus der
Verbrennung von Kohle, Öl und Gas ist, birgt nämlich eine bisher kaum genutzte
Chance: Die beiden großen natürlichen Senken, Ozeane und Landpflanzen,
absorbieren jedes Jahr rund die Hälfte der menschlichen Emissionen. Dabei hängt
ihre Leistung nicht vom Ausstoß ab, sondern von der Menge an Kohlendioxid in der
Atmosphäre. Würden wir unsere Emissionen also zumindest auf die Hälfte
reduzieren, bliebe die CO2-Konzentration konstant, und das Ziel, die Erwärmung
des Planeten zu stoppen, rückt näher. Zusätzlich kann die Leistung der Senken
mit sanften Maßnahmen erhöht werden. Der renommierte Physiker Gerd Ganteför
skizziert einen bürgerfreundlichen Weg in die Zukunft, dem auch Länder des
globalen Südens folgen können, die ihre Wachstumsphasen noch vor sich haben.
Die beiden großen natürlichen Senken können dabei helfen, das Klimaproblem
in den Griff zu bekommen. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir getrost die Hände
in den Schoß legen und weiterhin in gewohnter Weise fossile Energien nutzen
dürfen. Ganz im Gegenteil: Netto-Null bedeutet nach dem Senkenmodell eine
Reduktion des globalen Kohlendioxidausstoßes um 50 Prozent. Das ist nicht nur
für sich betrachtet eine große Herausforderung, sondern zu-dem fernab der
Realität: Die CO2-Emissionen steigen nach wie vor weltweit – unabhängig von
allen Klimakonferenzen, von allen unterschriebenen Verträgen und von allen
Beteuerungen der Politiker.
Plan B ist ein ganzheitlicher Ansatz. Ohne die
anderen großen Probleme der Menschheit, wie zum Beispiel Armut, Hunger und
Kriege, in den Griff zu bekommen, wird es auch nicht gelingen, den Ausstoß
klimaschädlicher Gase zu reduzieren. Daher fordert Plan B, die globale Erwärmung
nicht als einziges und vordringliches Problem der Weltgemeinschaft anzusehen,
sondern es in den Kontext der anderen UN-Nachhaltigkeitsziele einzubetten. Viele
Länder der Welt werden den westlichen Industriestaaten mit ihren extrem teuren
Maßnahmen nicht folgen, weil sie es zum einen schlicht nicht können und weil sie
zum anderen dringendere Probleme haben: Ein Mensch, der Hunger leidet, kein
sauberes Wasser hat oder dessen Heimat von Krieg verwüstet ist, interessiert
sich nicht für Klimaschutz. Aber selbst die Bevölkerungen der reichen Länder
zweifeln heute zunehmend am Erfolg der harschen Verbote und Verteuerungen, die
mit den radikalen Forderungen einhergehen. Auch ergibt es keinen Sinn, nur das
Klima im eigenen Land zu »retten«. [...]
Wenn wir die in Brüssel und Berlin propagierten
Einsparungsmaßnahmen als Plan A bezeichnen, dann bedeutet Plan B deren
Weiterführung, aber in einer weniger radikalen und für die Menschen und die
Wirtschaft verträglichen Version. Die bisherigen Programmpunkte wie der Ausbau
der erneuerbaren Energien, der Wechsel auf Elektromobilität, die Wärmeisolation
der Häuser und der Umstieg auf effiziente Heizungen bleiben auch im Plan B
bestehen. Aber die Maßnahmen sollen im Sinn der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele mit
und nicht gegen die Bürger umgesetzt werden. Die Tatsache, dass Netto-Null nur
eine Reduktion um 50 Prozent bedeutet, verleiht Plan B den Spielraum, die
teilweise existenzvernichtende Last der aktuellen Klimaschutzmaßnahmen auf ein
für die Menschen und die Wirtschaft akzeptables Maß zu reduzieren.
Die Senken geben uns mehr Zeit für die
Dekarbonisierung, sodass jeder Bürger in jedem Land nach seinen Möglichkeiten
und ohne seine existenzielle Basis zu gefährden, zur Reduktion der globalen
Emissionen beitragen kann. Zusätzlich lässt sich die Senkenleistung noch
verstärken. Mit welchen Methoden das am besten geschieht, ist bisher
weitestgehend unbekannt. Plan B schlägt deshalb vor, mit Forschungsprojekten zu
diesen Fragestellungen zu beginnen. Ideen gibt es viele und ihr
Einsparungspotenzial bewegt sich mitunter im Bereich von Milliarden von Tonnen
an Kohlendioxid. Das ist eine andere Größenordnung als die Ansätze zur
technischen Extraktion im Rahmen des Plan A, bei denen es um Tausende oder
höchstens Millionen von Tonnen geht. Die Leistung der Ozeane lässt sich zum
Beispiel durch das Einbringen von Nährstoffen oder den gezielten Anbau von
Seetang stärken; die der Landsenke durch so einfache Maßnahmen wie Aufforstung
oder eine CO2-optimierte Nutzung vorhandener Wälder. Welche Methoden schließlich
wirksam und bezahlbar zur Lösung des Klimaproblems beitragen können, gilt es in
Pilotprojekten zu eruieren. Die ideologisch motivierte Blockade dieser
Möglichkeiten muss in jedem Fall aufhören.
Für Unternehmen, die bis auf Weiteres nicht vollständig
auf Emissionen verzichten können, ergibt sich im Plan B die Möglichkeit der
Kompensation. So können sie beispielsweise Projekte zur Intensivierung der
Senken finanziell unterstützen. Da Plan B einen ganzheitlichen Ansatz vertritt,
wäre es auch denkbar, dass sie sich an der Erfüllung eines der 17 anderen
UN-Nachhaltigkeitsziele beteiligen. All das ist direkter oder indirekter
Klimaschutz. Mit dem gleichen finanziellen Aufwand, mit dem bisher teuer
erneuerbare Energien oder Maßnahmen der CO2-Einsparung oder -Extraktion im
eigenen Land unterstützt wurden, ließe sich so eine weitaus größere Wirkung
erzielen.
Zum ganzheitlichen Ansatz gehört auch die
gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung ärmerer Staaten. Diese kann in
gemeinsamen Projekten zur Verstärkung der natürlichen Senken unterstützt werden.
Beispiele sind die grüne Chinesische Mauer, die »Green Wall«, die in
strukturschwachen Regionen des Landes Arbeitsplätze schafft, oder ein ähnlich
benanntes Projekt in der Sahelzone in Afrika. Grundlage jeder wirtschaftlichen
Entwicklung ist Bildung. Der Export von Wissen und Fähigkeiten sowie die
Schaffung neuer Schulen und Universitäten in den Ländern, deren Bevölkerung
bisher nur wenig Zugang zu Bildung hatte, ist ebenfalls indirekter Klimaschutz.
Dass im Plan B zunächst einmal eine Reduktion auf
die Hälfte der derzeitigen Emissionen genügt, hat Konsequenzen für die
Energieversorgung. Konkret sollte ein möglichst großer Anteil der
Primärerzeugung durch Erneuerbare gedeckt werden. Das sind hauptsächlich Wind
und Sonne, die aber den Nachteil haben, bei Flauten und nachts keine Energie zu
liefern. Eine hundertprozentige Versorgung ist mit diesen fluktuierenden
Energien teuer und technisch kaum zu realisieren. Deshalb sieht Plan B ihren
Ausbau bis zu einem technisch machbaren und bezahlbaren Grad vor. Den Rest kann
das emissionsärmere Erdgas und ein kleiner Anteil an Erdöl liefern. Die
Kernenergie, die in den deutschsprachigen Ländern abgelehnt wird, stellt aus
Sicht des Plan B einen wichtigen und global unverzichtbaren Energielieferanten
dar, da sie grund-lastfähig, CO2-neutral und bezahlbar ist. Darüber hinaus sind
viele neue Kraftwerkstypen in der Entwicklung, die nach verbesserten Prinzipien
arbeiten. Aus der Kohle sollten die Staaten möglichst rasch aussteigen; allein
durch einen Umstieg von alten Kohlekraftwerken auf Gaskraftwerke von Typ GuD
lässt sich mehr als die Hälfte der Emissionen einsparen.
In den kommenden Jahrzehnten wird es unweigerlich
erheblich wärmer werden und dadurch vermehrt zu Hitzewellen kommen. In Ländern,
in denen die Bevölkerung diese Temperaturen nicht gewohnt ist, sollten dann
Klimaanlagen bereitstehen. Das gilt insbesondere für die Häuser kranker und
gebrechlicher Menschen. Ungünstige politische Entscheidungen wie das Verteuern
von Strom haben zur Folge, dass in Hitzeperioden mehr Todesopfer zu beklagen
sein werden. Weiterhin wird es zu höheren Niederschlagsmengen, mithin auch zu
Starkregen und Überschwemmungen kommen. Dem gilt es mit geeigneten Baumaßnahmen
vorzubeugen; beispielsweise dürfen Flussläufe und enge Flusstäler nicht zu dicht
und zu eng bebaut werden.
Die These, dass ein wärmeres Klima vermehrt Dürren und
eine Ausdehnung der Wüsten verursacht, hält der Autor keineswegs für erwiesen,
da es in der Erdvergangenheit in wärmeren Klimaphasen feuchter war. Trockenes
Klima herrschte dagegen in Eiszeiten vor. Im Allgemeinen müssen wir also weniger
mit Dürren, sondern vielmehr mit Starkregen rechnen. Aber es gibt Ausnahmen: Die
Klimazonen verschieben sich und Südeuropa sowie der Südosten Nordamerikas
geraten im Nordsommer in die Zone eines Saharaklimas. Das erklärt die
sommerlichen Dürren und Waldbrände. Im Winter könnte es dort allerdings stärker
regnen, sodass es denkbar ist, durch geschickteres Wassermanagement die
sommerliche Trockenheit zu überstehen. Möglicherweise wird es mehr Stürme geben,
aber das scheint kein globaler Trend zu sein. Die Häufigkeit, mit der Hurrikane
auftreten, könnte sogar abnehmen. Ein weiteres Problem ist der Anstieg des
Meeresspiegels. Den Prognosen des Weltklimarats zufolge wird dieser bis 2100 um
rund einen Meter steigen. Das ist mit Küstenschutzmaßnahmen, wie man sie derzeit
in etlichen betroffenen Ländern umsetzt, beherrschbar.
Im Pariser Klimaschutzabkommen haben sich Politik
und Wissenschaft auf eine Zahl geeinigt: 2 Grad Celsius – um mehr soll die
globale mittlere Temperatur gegenüber der vorindustriellen Zeit nicht ansteigen.
Dabei war dieser Referenzpunkt die kälteste Phase der letzten 10.000 Jahre. Die
Menschheit würde auch dann nicht aussterben, sollte es gegenüber dem Ende der
kleinen Eiszeit um 2,5 Grad wärmer werden. Mit den richtigen technischen Mitteln
und einem sich hoffentlich global ausbreitenden Wohlstand können wir auch dieses
Problem bewältigen. Die großen Senken werden den Menschen helfen, die
CO2-Konzentration, selbst wenn sie über die magische Zahl von 500 ppm
angestiegen ist, rasch wieder sinken zu lassen; und dann geht auch die
Temperatur allmählich zurück. Es ist zu schaffen, aber nur mit Vernunft,
Technik, Wissenschaft – und ohne Dogma. Ideologie ist keine Lösung, sie ist Teil
des Problems. [...]
Beim Menschen handelt es sich um ein aggressives
Lebewesen, das zu Konflikten neigt. Die Hoffnung war einst, dass sich die Idee
der Demokratie weiter ausbreitet und mit der Zeit immer mehr Staaten ihre
autokratischen Strukturen hinter sich lassen. Im Augenblick ist dieser Prozess
eher rückläufig. Die westlichen Demokratien erscheinen in den Augen der Welt
schwach und von selbstzerstörerischen Ideologien zerrissen. Klimaschutz ist eine
westliche Idee, und wenn der Westen seine Vorbildfunktion verliert, wird das
folglich auch dem Klimaschutz massiv schaden. Die damit verbundenen Maßnahmen
dürfen daher nicht die entscheidenden Faktoren, die die westliche Lebensweise
erstrebenswert machen, zerstören. Das betrifft in erster Linie die individuelle
Freiheit und den Wohlstand. Plan B eröffnet die Möglichkeit, die großen Vorteile
der westlichen Demokratien zu bewahren und trotzdem wirksamen Klimaschutz zu
betreiben
10.11.2024 - Plan B für das Klima
Zunehmende Wetterextreme verschärfen die Diskussion um den Klimawandel. Politiker beschwören Schreckensszenarien und fordern radikale und teilweise unerfüllbare Maßnahmen. Aber es gibt einen Weg jenseits davon, zeigt der Physiker Gerd Ganteför in seinem neuen Buch „Plan B für das Klima“. Dass die Ursache für die globale Erwärmung das Kohlendioxid aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas ist, birgt nämlich eine bisher kaum genutzte Chance: Die beiden großen natürlichen Senken, Ozeane und Landpflanzen, absorbieren jedes Jahr rund die Hälfte der menschlichen Emissionen. Dabei hängt ihre Leistung nicht vom Ausstoß ab, sondern von der Menge an Kohlendioxid in der Atmosphäre. Würden wir unsere Emissionen also zumindest auf die Hälfte reduzieren, bliebe die CO2-Konzentration konstant, und das Ziel, die Erwärmung des Planeten zu stoppen, rückt näher. Zusätzlich kann die Leistung der Senken mit sanften Maßnahmen erhöht werden. Der renommierte Physiker Gerd Ganteför skizziert einen bürgerfreundlichen Weg in die Zukunft, dem auch Länder des globalen Südens folgen können, die ihre Wachstumsphasen noch vor sich haben.
Die beiden großen natürlichen Senken können dabei helfen, das Klimaproblem in den Griff zu bekommen. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir getrost die Hände in den Schoß legen und weiterhin in gewohnter Weise fossile Energien nutzen dürfen. Ganz im Gegenteil: Netto-Null bedeutet nach dem Senkenmodell eine Reduktion des globalen Kohlendioxidausstoßes um 50 Prozent. Das ist nicht nur für sich betrachtet eine große Herausforderung, sondern zu-dem fernab der Realität: Die CO2-Emissionen steigen nach wie vor weltweit – unabhängig von allen Klimakonferenzen, von allen unterschriebenen Verträgen und von allen Beteuerungen der Politiker.
Plan B ist ein ganzheitlicher Ansatz. Ohne die anderen großen Probleme der Menschheit, wie zum Beispiel Armut, Hunger und Kriege, in den Griff zu bekommen, wird es auch nicht gelingen, den Ausstoß klimaschädlicher Gase zu reduzieren. Daher fordert Plan B, die globale Erwärmung nicht als einziges und vordringliches Problem der Weltgemeinschaft anzusehen, sondern es in den Kontext der anderen UN-Nachhaltigkeitsziele einzubetten. Viele Länder der Welt werden den westlichen Industriestaaten mit ihren extrem teuren Maßnahmen nicht folgen, weil sie es zum einen schlicht nicht können und weil sie zum anderen dringendere Probleme haben: Ein Mensch, der Hunger leidet, kein sauberes Wasser hat oder dessen Heimat von Krieg verwüstet ist, interessiert sich nicht für Klimaschutz. Aber selbst die Bevölkerungen der reichen Länder zweifeln heute zunehmend am Erfolg der harschen Verbote und Verteuerungen, die mit den radikalen Forderungen einhergehen. Auch ergibt es keinen Sinn, nur das Klima im eigenen Land zu »retten«. [...]
Wenn wir die in Brüssel und Berlin propagierten Einsparungsmaßnahmen als Plan A bezeichnen, dann bedeutet Plan B deren Weiterführung, aber in einer weniger radikalen und für die Menschen und die Wirtschaft verträglichen Version. Die bisherigen Programmpunkte wie der Ausbau der erneuerbaren Energien, der Wechsel auf Elektromobilität, die Wärmeisolation der Häuser und der Umstieg auf effiziente Heizungen bleiben auch im Plan B bestehen. Aber die Maßnahmen sollen im Sinn der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele mit und nicht gegen die Bürger umgesetzt werden. Die Tatsache, dass Netto-Null nur eine Reduktion um 50 Prozent bedeutet, verleiht Plan B den Spielraum, die teilweise existenzvernichtende Last der aktuellen Klimaschutzmaßnahmen auf ein für die Menschen und die Wirtschaft akzeptables Maß zu reduzieren.
Die Senken geben uns mehr Zeit für die Dekarbonisierung, sodass jeder Bürger in jedem Land nach seinen Möglichkeiten und ohne seine existenzielle Basis zu gefährden, zur Reduktion der globalen Emissionen beitragen kann. Zusätzlich lässt sich die Senkenleistung noch verstärken. Mit welchen Methoden das am besten geschieht, ist bisher weitestgehend unbekannt. Plan B schlägt deshalb vor, mit Forschungsprojekten zu diesen Fragestellungen zu beginnen. Ideen gibt es viele und ihr Einsparungspotenzial bewegt sich mitunter im Bereich von Milliarden von Tonnen an Kohlendioxid. Das ist eine andere Größenordnung als die Ansätze zur technischen Extraktion im Rahmen des Plan A, bei denen es um Tausende oder höchstens Millionen von Tonnen geht. Die Leistung der Ozeane lässt sich zum Beispiel durch das Einbringen von Nährstoffen oder den gezielten Anbau von Seetang stärken; die der Landsenke durch so einfache Maßnahmen wie Aufforstung oder eine CO2-optimierte Nutzung vorhandener Wälder. Welche Methoden schließlich wirksam und bezahlbar zur Lösung des Klimaproblems beitragen können, gilt es in Pilotprojekten zu eruieren. Die ideologisch motivierte Blockade dieser Möglichkeiten muss in jedem Fall aufhören.
Für Unternehmen, die bis auf Weiteres nicht vollständig auf Emissionen verzichten können, ergibt sich im Plan B die Möglichkeit der Kompensation. So können sie beispielsweise Projekte zur Intensivierung der Senken finanziell unterstützen. Da Plan B einen ganzheitlichen Ansatz vertritt, wäre es auch denkbar, dass sie sich an der Erfüllung eines der 17 anderen UN-Nachhaltigkeitsziele beteiligen. All das ist direkter oder indirekter Klimaschutz. Mit dem gleichen finanziellen Aufwand, mit dem bisher teuer erneuerbare Energien oder Maßnahmen der CO2-Einsparung oder -Extraktion im eigenen Land unterstützt wurden, ließe sich so eine weitaus größere Wirkung erzielen.
Zum ganzheitlichen Ansatz gehört auch die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung ärmerer Staaten. Diese kann in gemeinsamen Projekten zur Verstärkung der natürlichen Senken unterstützt werden. Beispiele sind die grüne Chinesische Mauer, die »Green Wall«, die in strukturschwachen Regionen des Landes Arbeitsplätze schafft, oder ein ähnlich benanntes Projekt in der Sahelzone in Afrika. Grundlage jeder wirtschaftlichen Entwicklung ist Bildung. Der Export von Wissen und Fähigkeiten sowie die Schaffung neuer Schulen und Universitäten in den Ländern, deren Bevölkerung bisher nur wenig Zugang zu Bildung hatte, ist ebenfalls indirekter Klimaschutz.
Dass im Plan B zunächst einmal eine Reduktion auf die Hälfte der derzeitigen Emissionen genügt, hat Konsequenzen für die Energieversorgung. Konkret sollte ein möglichst großer Anteil der Primärerzeugung durch Erneuerbare gedeckt werden. Das sind hauptsächlich Wind und Sonne, die aber den Nachteil haben, bei Flauten und nachts keine Energie zu liefern. Eine hundertprozentige Versorgung ist mit diesen fluktuierenden Energien teuer und technisch kaum zu realisieren. Deshalb sieht Plan B ihren Ausbau bis zu einem technisch machbaren und bezahlbaren Grad vor. Den Rest kann das emissionsärmere Erdgas und ein kleiner Anteil an Erdöl liefern. Die Kernenergie, die in den deutschsprachigen Ländern abgelehnt wird, stellt aus Sicht des Plan B einen wichtigen und global unverzichtbaren Energielieferanten dar, da sie grund-lastfähig, CO2-neutral und bezahlbar ist. Darüber hinaus sind viele neue Kraftwerkstypen in der Entwicklung, die nach verbesserten Prinzipien arbeiten. Aus der Kohle sollten die Staaten möglichst rasch aussteigen; allein durch einen Umstieg von alten Kohlekraftwerken auf Gaskraftwerke von Typ GuD lässt sich mehr als die Hälfte der Emissionen einsparen.
In den kommenden Jahrzehnten wird es unweigerlich erheblich wärmer werden und dadurch vermehrt zu Hitzewellen kommen. In Ländern, in denen die Bevölkerung diese Temperaturen nicht gewohnt ist, sollten dann Klimaanlagen bereitstehen. Das gilt insbesondere für die Häuser kranker und gebrechlicher Menschen. Ungünstige politische Entscheidungen wie das Verteuern von Strom haben zur Folge, dass in Hitzeperioden mehr Todesopfer zu beklagen sein werden. Weiterhin wird es zu höheren Niederschlagsmengen, mithin auch zu Starkregen und Überschwemmungen kommen. Dem gilt es mit geeigneten Baumaßnahmen vorzubeugen; beispielsweise dürfen Flussläufe und enge Flusstäler nicht zu dicht und zu eng bebaut werden.
Die These, dass ein wärmeres Klima vermehrt Dürren und eine Ausdehnung der Wüsten verursacht, hält der Autor keineswegs für erwiesen, da es in der Erdvergangenheit in wärmeren Klimaphasen feuchter war. Trockenes Klima herrschte dagegen in Eiszeiten vor. Im Allgemeinen müssen wir also weniger mit Dürren, sondern vielmehr mit Starkregen rechnen. Aber es gibt Ausnahmen: Die Klimazonen verschieben sich und Südeuropa sowie der Südosten Nordamerikas geraten im Nordsommer in die Zone eines Saharaklimas. Das erklärt die sommerlichen Dürren und Waldbrände. Im Winter könnte es dort allerdings stärker regnen, sodass es denkbar ist, durch geschickteres Wassermanagement die sommerliche Trockenheit zu überstehen. Möglicherweise wird es mehr Stürme geben, aber das scheint kein globaler Trend zu sein. Die Häufigkeit, mit der Hurrikane auftreten, könnte sogar abnehmen. Ein weiteres Problem ist der Anstieg des Meeresspiegels. Den Prognosen des Weltklimarats zufolge wird dieser bis 2100 um rund einen Meter steigen. Das ist mit Küstenschutzmaßnahmen, wie man sie derzeit in etlichen betroffenen Ländern umsetzt, beherrschbar.
Im Pariser Klimaschutzabkommen haben sich Politik und Wissenschaft auf eine Zahl geeinigt: 2 Grad Celsius – um mehr soll die globale mittlere Temperatur gegenüber der vorindustriellen Zeit nicht ansteigen. Dabei war dieser Referenzpunkt die kälteste Phase der letzten 10.000 Jahre. Die Menschheit würde auch dann nicht aussterben, sollte es gegenüber dem Ende der kleinen Eiszeit um 2,5 Grad wärmer werden. Mit den richtigen technischen Mitteln und einem sich hoffentlich global ausbreitenden Wohlstand können wir auch dieses Problem bewältigen. Die großen Senken werden den Menschen helfen, die CO2-Konzentration, selbst wenn sie über die magische Zahl von 500 ppm angestiegen ist, rasch wieder sinken zu lassen; und dann geht auch die Temperatur allmählich zurück. Es ist zu schaffen, aber nur mit Vernunft, Technik, Wissenschaft – und ohne Dogma. Ideologie ist keine Lösung, sie ist Teil des Problems. [...]
Beim Menschen handelt es sich um ein aggressives Lebewesen, das zu Konflikten neigt. Die Hoffnung war einst, dass sich die Idee der Demokratie weiter ausbreitet und mit der Zeit immer mehr Staaten ihre autokratischen Strukturen hinter sich lassen. Im Augenblick ist dieser Prozess eher rückläufig. Die westlichen Demokratien erscheinen in den Augen der Welt schwach und von selbstzerstörerischen Ideologien zerrissen. Klimaschutz ist eine westliche Idee, und wenn der Westen seine Vorbildfunktion verliert, wird das folglich auch dem Klimaschutz massiv schaden. Die damit verbundenen Maßnahmen dürfen daher nicht die entscheidenden Faktoren, die die westliche Lebensweise erstrebenswert machen, zerstören. Das betrifft in erster Linie die individuelle Freiheit und den Wohlstand. Plan B eröffnet die Möglichkeit, die großen Vorteile der westlichen Demokratien zu bewahren und trotzdem wirksamen Klimaschutz zu betreiben
Autoren von "Plan B für das Klima"
Bücher von Gerd Ganteför